Verehrte
Kunden, liebe Freunde,
sehr geehrte Damen und Herren!
mal mehr oder mal wenigerSteuereinnahmen als erwartet, immense Lieferverzögerungen
beim Airbus A380, Stromausfälle in großen Teilen Westeuropas aufgrund
einer einzigen abgeschalteten Hochspannungsleitung, ... die Liste fehlerhafter
Prognosen ließe sich beliebig fortsetzen. Prognosen sind schwierig.
Sie sind aber auch wichtig. Eine gefährliche Kombination und ein echtes
Problem in vielen Strategieentwicklungsprozessen.
Ein
Teil der Strategieentwickler verweist Prognosen als "Blick
in die Glaskugel" ins Reich der Märchen und verwendet
(wenn überhaupt) einfache Extrapolationen des Bestehenden.
Ein anderer Teil investiert Unsummen an Zeit und Geld in eine
scheinbar sichere Vorhersage der Zukunft. Nur ca. 50% der Unternehmen
jedoch nutzen Szenariotechniken als Mittel zum Blick in die Zukunft
und hinterfragen damit konsequent die Abhängigkeit der eigenen
Prognosen und Strategie von vorhersehbaren und unvorhersehbaren äußeren
Einflüssen.
Mit
freundlichen Grüßen,
Dirk
Völker
1)
Szenarios - wie man mit Schreckgespenstern, Glücksprinzip
und Science Fiction die Stabilität der eigenen Strategie
prüft
Auf den ersten Blick scheinen Szenarios weit verbreitet zu
sein. 'Best', 'worst' und 'realistic case' sind Begriffe, die allgemein
bekannt und häufig verwendet werden. Doch meist verbirgt sich
dahinter nur eine Extrapolation der Ist-Situation mit zwei leichten
Variationen ins Positive wie ins Negative. Warum?
Zum
einen werden häufig zur Reduzierung der Komplexität
nur einzelne Einflussfaktoren mehr oder minder zufällig
herausgegriffen und in den Szenarien variiert. Damit werden aber
nicht zwangsläufig die Szenarien generiert, die in sich
stimmig und stabil aber dennoch weitgehend differenziert voneinander
sind. Richtige Anwendung der Methode kann hier schnell Abhilfe
schaffen.
(vgl. Methode im Fokus: Szenariotechnik)
Zum
anderen - und das ist menschlich und damit wesentlich schwieriger
zu kurieren - fällt es meist schwer, auch unvorstellbare
Veränderungen zu berücksichtigen und in ein Szenario
umzusetzen. Im Ergebnis fehlen dann die für eine wirklich
aussagefähige Szenarioanalyse so wichtigen Trendbruchereignisse.
Und wichtige Einflussfaktoren werden übersehen.
Im
Folgenden stelle ich drei Ansätze vor, die Strategieentwicklungsteams
auch Unvorstellbares durchdenken lassen. Dadurch werden wertvolle
Szenarien generiert, mit denen Sie die Stabilität Ihrer
Strategie testen können - und manchmal ganz nebenbei Innovationen
generieren.
Schreckgespenster
nicht verdrängen
Immer schnellere technologische
Fortschritte haben in immer mehr Branchen zu Überkapazitäten
geführt. Globalisierung und Informations-transparenz
lassen Marktnischen und Monopolsituationen verschwinden.
Dieser Zunahme von Angebot und Wettbewerb steht aber
kein klar nachweisbarer gestiegener Bedarf entgegen
- im Gegenteil: in vielen entwickelten Staaten weisen
Statistiken
einen Bevölkerungsrückgang aus. Die letzten
Jahre haben gezeigt, wie überhitzt viele Märkte
reagieren. Stehen wir an einem Wendepunkt in eine längere
Phase der Rezession und Deflation?
Viele
Standardmechanismen greifen nicht mehr in Phasen der Deflation
und Rezession: Kunden und Lieferanten ändern ihr Verhalten,
Leistungs- und Kaufanreize laufen ins Leere, ... als plakatives
Beispiel erinnere man sich an die Achterbahnfahrten, die Aspekte
der HR-Strategie in einigen Unternehmen in den letzten 10 Jahren
gemacht haben:
Überlegungen
zu Deflation und Rezession erweitern mit Sicherheit das Spektrum
der Szenarien über die vielfach bereits zum Standard gehörenden Überlegungen
zu Trendbrüchen durch Katastrophen, Technologiesprünge
und politische Ereignisse hinaus.
Mehr
im Novemberblatt des DVBAS Kalender: Strategie
und Schreckgespenster
Das
Glücksprinzip anwenden
Lord Richard Layard, anerkannter
Wirtschaftswissenschaftler und Direktor des Center
for Economic Performance, hat 2005 ein bemerkenswertes
Buch geschrieben (Die glückliche Gesellschaft).
Layard postuliert: das Streben der westlichen Welt
nach Maximierung des Bruttosozialprodukts ist überholt.
An seine Stelle sollte das Prinzip des größten
Glücks treten. Dabei ist Glück eine definierte
Größe, die messbar ist und von sieben Faktoren
maßgeblich beeinflusst wird. Die finanzielle
Lage ist nur einer - und nicht der wichtigste - dieser
Faktoren. Andere Glücksfaktoren sind: familiäre
Beziehungen, Arbeit, soziales Umfeld, Gesundheit, persönliche
Freiheit und Lebensphilosophie.
Das "Bruttoglücksprodukt" also
anstelle des Bruttosozialprodukts ... Glück anstelle Gehalt
und Gewinn!? Auch wenn solche Überlegungen bei vielen nur
Lächeln hervorrufen, zur Generierung von Szenarien und Identifikation
von Einflussfaktoren sind sie ein wertvoller Ansatz. Folgt man
Layard, akzeptiert das Glücksprinzip für einen Moment
und überträgt es in den Mikrokosmos eines Unternehmens,
ergeben sich schnell bislang undenkbare Überlegungen:
•
|
Ein
Euro macht einen Armen glücklicher als einen Reichen
und Geld beeinflusst das Glück weniger als die Faktoren
Familie, subjektiv empfundene Gesundheit, Freiheit, Werte,
sicherer Arbeitsplatz.
--> Wie könnte ein glücksorientiertes Kompensationsmodell
aussehen? |
•
|
Mobilität
reißt Gemeinschaften und Freundschaften auseinander,
stellt Familien vor große Herausforderungen und reduziert
dadurch Glück - meist stärker als der Glücksgewinn
durch erhöhtes Einkommen.
--> Welche Bedeutung hat der Faktor Arbeitnehmermobilität? |
•
|
Menschen
fürchten einen Verlust mehr als sie den identischen
Gewinn schätzen. Dauernde Veränderungen verursachen
immer wieder Verluste; Neuerungen an sich sind kein Wert,
der Glück erzeugt.
--> Wo liegt die richtige Balance zwischen Verändern
und Verbessern? |
•
|
Das
Glück des Einzelnen ist auch abhängig vom Vergleich
mit anderen. Dabei führt der genetisch programmierte
Wunsch des Menschen nach Status und Anerkennung immer zu
Siegern und Verlierern, da im Mikrokosmos des Unternehmens
beide Faktoren beschränkte Güter sind.
--> Wie viel internen Wettbewerb darf eine Strategie zulassen? |
Weitere
Hintergrundinformationen hier.
Science
Fiction schreiben
Mein
dritter Vorschlag zur Generierung unkonventioneller
Szenarien ist denkbar einfach: Schenken Sie Ihrem
Strategieteam einige Jules Vernes Romane und fordern
es auf, sich selber eine Geschichte in Ihrer Branche
auszudenken. Es wird einen Moment dauern, bis Vorbehalte überwunden
sind und Kreativität einsetzt. Und es wird viel
Unbrauchbares dabei herauskommen. Aber selbst wenn
nur ein kleiner Bruchteil verwendbar ist, werden
dies Überlegungen sein, die bislang noch in
keinem Szenario berücksichtigt wurden.
2)
Methode im Fokus: Szenariotechnik
Carl
von Clausewitz definiert Szenarien als "in Friedenszeiten über
all jene Situationen nachzudenken, in die man in Kriegszeiten
geraten könnte". In der Szenariotechnik werden systematisch
plausible und begründbare Zukunftsbilder aus einer gegenwärtigen
Situation heraus entwickelt. Diese Szenarien beschreiben nicht
nur die möglichen zukünftigen Situationen, sondern
auch den Weg und die Bedingungen zu ihrer Realisierung.
Gute
Szenarien erfüllen drei Kriterien:
•
|
Sie
sind in sich stimmig und widerspruchsfrei. Einzelne
Entwicklungen innerhalb des Szenarios heben sich nicht gegenseitig
auf.
|
•
|
Sie
sind stabil. Kleinere Veränderungen einzelner
Einflussfaktoren führen nicht zu einem Zusammenbruch
des Szenarios. |
•
|
Sie
sind maximal differenziert. Die Szenarien decken den
gesamten Lösungsraum weitestgehend ab. |
Grundannahme der Szenariotechnik ist die Darstellbarkeit der
Gegenwart und damit auch möglicher zukünftiger Entwicklungen mittels
eines limitierten Sets von Einflussfaktoren. Einflussfaktoren können
z.B. Normen, Verhaltensmuster, Infrastruktur, Technologien, wirtschaftliche
und gesellschaftliche Randbedingungen u.v.m. sein. Sie sind überwiegend
exogen und können quantitativ oder beschreibend sein. Selbst
bei komplexen Themen sollten nicht mehr als 30 bis 60 Einflussfaktoren
verwendet werden. Die Grenze denkbarer Entwicklungen wird gesetzt
durch die maximal anzunehmende Variabilität der Einflussfaktoren.
Innerhalb eines sich mit der Zeit (und der damit steigenden Unsicherheit
in den Einflussfaktoren) immer stärker weitenden Trichters
liegen die Szenarien.
In
der Regel reichen zwei bis fünf gute Szenarien, die in einem
schrittweisen Prozess erarbeitet werden:
a)
|
Definieren
und Strukturieren des Themas; Darstellen der Ist-Situation |
b)
|
Identifizieren
der wichtigsten Einflussfaktoren |
c)
|
Verständnis
zur wechselseitigen Abhängigkeit der Einflussfaktoren
entwickeln sowie Projektionen pro Faktor für den zukünftigen
Betrachtungszeitpunkt aufstellen |
d)
|
Bilden
konsistenter, stabiler und maximal differenzierter Kombinationen
verschiedener Ausprägungen der Einflussfaktoren |
e)
|
Ausarbeiten
dieser Kombinationen zu Szenarien. Dabei Aufzeigen des Entwicklungsweges
bis hin zum Betrachtungszeitpunkt (keine Szenarien ohne Realisierungspfad!) |
f)
|
Trendbruchereignisse
einführen und deren Auswirkungen analysieren |
g)
|
Szenarien
bewerten |
Die
Szenariotechnik erlaubt es, auch komplizierte Sachverhalte und
Entwicklungen anschaulich darzustellen und dabei wichtige Einflussfaktoren,
Beziehungen und Interventionsmöglichkeiten zu identifizieren.
Sie trägt somit zu einem besseren Systemverständnis
bei. Im Rahmen der für Strategieentwicklung verwendeten
Szenarien kommt es dabei weniger auf die Genauigkeit der Prognosen
an, sondern vielmehr auf das vollständige Aufspannen des
Raums möglicher zukünftiger Entwicklungen. Ein konsequent
angewendetes 80/20-Prinzip erspart hierbei viel Zeit und Geld.
3)
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