Portfolios als Methode der Analyse und Darstellung spielen in der Strategieentwicklung
eine herausgehobene Rolle - hier sei nur erinnert an die berühmte BCG-Matrix.
Einerseits kennt jeder Mitarbeiter das "Streben-nach-rechts-oben" - nicht selten
wird wertvolle
Zeit nur
dazu
verwendet
um
eine
Analyse
optisch
so
zu gestalten,
dass die Zielposition rechts oben erscheint. Andererseits werden
Portfolios oft im kleinen Kreis
der Strategen entwickelt,
hochkomplex
mit
vielen Wertungen und Automatismen ausgestaltet und sind dadurch in
der Umsetzung der Strategie schwer nachvollziehbar. Was steckt im Kern hinter
dieser Methode? Und wie kann man die breite aber rudimentäre Bekanntheit der
Methode
zur Strategieverwirklichung
verwenden? Ich habe in der Praxis mit einem einfachen "Können/Wollen"-Ansatz
sehr gute Erfahrungen gesammelt.
Portfolios sind im Kern nichts anderes als ein Raum für die graphische Darstellung
von Funktionen mit zwei bis vier Variablen. Aus Sicht der Mathematik einfach, ergeben
sich jedoch schnell Komplikationen in der Realität der Strategieentwicklung:
Wie sollen die Achsen des Portfolios definiert werden? Was soll
entlang dieser Achsen dargestellt werden? Und wie lautet die Formel für die
Darstellung?
Ich möchte hier nur auf ein paar typische Fehlerquellen eingehen,
die mir in meiner
Arbeit mit Portfolios immer wieder begegnen:
- Sind die beiden Achsen voneinander unabhängig, stehen aber dennoch
in einem Zusammenhang? Wenn nicht, ist eine eindimensionale Darstellung letztlich
aussagekräftiger.
- Sind die dargestellten Segmente (Funktionen) richtig gewählt? Ohne eine
gute, dem Portfolioansatz vorangegangene Segmentierung sind die Aussagen
des Portfolios meist wertlos (vgl. hierzu auch den Denkanstoß Segmente
- Chancen und Gefahren)
- Je genereller die Achsen definiert werden, umso größer ist in der Regel
die Vielfalt der möglichen
Parameter. Sind die richtigen Parameter ausgewählt worden? Wenn
mehrere
Parameter gleichzeitig berücksichtigt werden: wie sollen diese gegeneinander
gewichtet werden? Wie ist der funktionale Zusammenhang definiert? Wie wurde
dabei mit schwer zu quantifizierenden Parametern umgegangen ("Bauchgefühl")?
- Segmente sind keine Punkte sondern komplexe Individuen. Nicht selten
wird vor Freude über die vielen Positionen im rechten oberen Quadranten übersehen,
dass der eine Punkt links unten einen vielfach höheren Einfluss auf
den Geschäftserfolg
hat. Die Auswahl von mindestens einer quantifizierbaren, das Segment charakterisierenden
Größe und Ihre Darstellung im Portfolio (Bubbles statt Punkte)
ist absolut notwendig - auch wenn dies in den gängigen Text- und Grafikprogrammen
meist etwas komplizierter
zu realisieren ist.
- Auf welchen Zeitpunkt beziehen sich die Aussagen? Stellt das Portfolio
die heutige Situation dar, oder ist es die Wunschpositionierung?
- Ziehen Sie keine falschen Schlüsse aus der Darstellung
des Portfolios! Die Wirklichkeit ist in den seltensten Fällen zweidimensional.
Ein Portfolio ist ein Kompromiss, der hilft die Komplexität der Wirklichkeit
zu reduzieren. Die Schönheit der graphischen Darstellung und der mathematische
Ansatz täuschen schnell darüber hinweg, dass die Aussagen des Portfolios
nur soviel wert sind wie das Modell der Wirklichkeit, das dem Portfolio hinterlegt
ist.
Angesichts all dieser und vieler weiterer Gefahren: ist die Portfolio-Methode
also nur etwas für das Top-Management und die hinreichend geschulten Mitarbeiter
Ihrer Strategie-Abteilung? Ich meine Nein! Ein von einer breiten Mitarbeiterbasis
verstandenes und akzeptiertes Portfolio ist ein ideales Instrument um Entscheidungen
transparent zu machen. Es kann passive, im Sinne der Strategie mehr
oder minder ziellos agierende Mitarbeiter zu aktiven Strategieumsetzern machen.
 In meiner Praxis der partizipativen
Strategieentwicklung habe ich gute Erfahrungen
mit einem einfachen
"Können/Wollen-Portfolio"
gemacht, das in ähnlicher Form auch als McKinsey/GE-Matrix bekannt ist. Hierbei entwickle ich iterativ entlang der Hierarchiestruktur
des Unternehmens ein Portfolio, dessen beide Achsen die Fragen beantworten: Wie
gut kann ich
in Segment xyz tätig sein? und Wie stark will ich
in Segment xyz tätig sein? Gemeinsam mit den Beteiligten (Management,
Mitarbeiter, Kunden, ...) werden Parameter identifiziert und gegeneinander
abgewogen, wobei es zu sehr fruchtbaren
Diskussionen
zwischen den Beteiligten kommt. Anschließend
werden die Segmente gemäß dem erarbeiteten Modell in das Portfolio eingeordnet.
Auch hierbei liefern die Diskussionen und unterschiedlichen Ansichten der Beteiligten
und Betroffenen wertvolle Informationen
und Hinweise, z.B. auf übersehene Chancen oder potenzielle Umsetzungsprobleme.
Der gezielte Einsatz dieser Diskussionen zwischen
den verschiedenen Interessengruppen ist eines der Kennzeichen meines Ansatzes
der partizipativen
Strategieentwicklung und bewirkt, dass die Ergebnisse weit
über den "kleinsten gemeinsamen Nenner" der Beteiligten hinausgehen. Und
ein ganz wichtiger Punkt für die anschließende Umsetzung der aus dem Portfolio
abgeleiteten Strategie: durch die gemeinsame Erarbeitung wurden Betroffene
zu Beteiligten, die ein selbst erarbeitetes Ergebnis umsetzen - ein wesentlicher
Baustein für erfolgreiches Change Management und eine rasche, konsequente Strategieumsetzung.
Weitere Informationen und Werkzeuge zu diesem Thema finden Sie im Kundenbereich. Oder fordern Sie mich persönlich.
|