Seite 1 von 4 Ausgangssituation aus Sicht des Unternehmens
Rene Holzmann ist Produktbereichsleiter eines Automobilzulieferers. Mit mehreren
hundert Millionen Euro Umsatz und einigen Tausend Mitarbeitern gehört sein
Produktbereich zu den wichtigsten Säulen eines Unternehmens, das neben Herrn
Holzmanns Bereich noch drei weitere Produktbereiche erfolgreich am Markt positioniert
hat.
In den letzten Jahren hatte das Unternehmen eine erstaunliche Wachstumsphase
durchgemacht: aus einem innovativen Mittelständler war binnen 20 Jahren
einer der wichtigsten Systemlieferanten der Automobilindustrie geworden. Über
Jahre hinweg konnte man sich fast die Kunden aussuchen, war das Unternehmen
der Konkurrenz
immer einen Schritt voraus gewesen. Gute Produkte mit innovativer Technik,
das war die Basis des Erfolgs. Das wusste jeder im Unternehmen.
Und irgendwie erwarteten alle, dass es auch so bleiben würde.
Doch Ende 2012 war Rene Holzmann sich da nicht mehr so sicher. Vereinzelte
Beobachtungen der letzten Monate formten sich zunehmend zu einem größeren,
bedrohlichen Bild:
- Vor zwei Jahren war der Unternehmensgründer altershalber aus dem
Aufsichtsrat des Unternehmens ausgeschieden. Vielfältige Legenden rankten
sich um diesen Mann, der es immer wieder geschafft hatte, mit seinen Ideen
und Visionen
dem Unternehmen
die richtige strategische Richtung zu geben. Bislang hatte das Vorstandgremium
diese Lücke nicht füllen können. Holzmann hatte seine drei
Bereichsleiterkollegen gefragt, was denn ihrer Meinung nach Vision und Strategie
des Unternehmens
seinen und hatte drei völlig verschiedene Antworten bekommen. Auch bei
seinen direkten Mitarbeitern hatte er dieses Phänomen beobachtet.
- 2011 wies das Unternehmen zum ersten Mal in seiner Geschichte nur noch
eine schwarze Null als Geschäftserfolg aus. Zwar hieß es, dies sei nur
eine konjunkturbedingte Nachfragedelle, doch Holzmann sah die Situation anders:
verärgert durch die fast monopolartige Macht des Unternehmens hatten
die Automobilhersteller
in den letzten Jahren konsequent alternative Lieferanten aufgebaut, die zwar
auf weniger innovative Patente aber auf deutlich bessere Kostenstrukturen
zurückgreifen konnten.
- Die neuen Wettbewerber hatten die Margen deutlich
schrumpfen lassen. Im Unternehmen sah man dies nicht allzu kritisch,
denn spätestens
die nächste
Generation der innovativen, durch weitgehende Patente abgesicherten Produkte
würde den Vorsprung wieder herstellen. Doch auch hier hatte Holzmann
ein anderes Bauchgefühl als die meisten seiner Kollegen: Zwar gab
es einen klar ersichtlichen Trend zu immer stärkeren Autos mit immer
mehr Technik, doch waren viele der neuen Technologien keine echten Quantensprünge
mehr, wie es früher der Airbag, ABS oder ESP gewesen waren. Entsprechend
fanden die neuen Technologien und Produkte bislang nur in den hochpreisigen
Nischen Anwendung. Dieser
Markt alleine würde aber für das Unternehmen in seiner heutigen
Größe nicht
ausreichen.
- Die Strukturen des Unternehmens hatten dem rasanten Wachstum der letzten
Jahre erstaunlich gut widerstanden. Im Kern war das Unternehmen eigentlich
immer noch ein Mittelständler. Doch inzwischen war man sich im Management
einig geworden, dass es so nicht weiter gehen konnte. Mit Hochdruck wurden
Prozesse eingeführt und Organisationsstrukturen überarbeitet nur
um dann doch wieder umgangen zu werden: man kannte sich ja und hatte schon
immer so gearbeitet. Dies hatte zu einiger Reibung und in 2012 sogar zu zwei
teuren Rückrufaktionen geführt - die Qualität hatte sichtlich
gelitten.
- Der Vorstand hatte 2012 mit ersten, eher zaghaften Restrukturierungsmaßnahmen
reagiert. Für 2013 hatte Holzmann deutliche Kosteneinsparungen
in seinen Zielvorgaben. Obwohl man bislang auf Kündigungen verzichtet
hatte, war der neue Sparkurs den Mitarbeitern nicht verborgen geblieben.
Eine Zeit lang hatte es sogar unter den Mitarbeitern Gerüchte gegeben, der
Vorstand hätte McKinsey beauftragt, Einsparpotenziale zu finden. Das Klima
hatte sich gewandelt: wo früher
Optimismus und Tatendrang überwogen
hatte, bemerkte
Holzmann immer häufiger Anzeichen von Verunsicherung und Besitzstandwahrung.
Zwischen Weihnachten und Neujahr hatte Holzmann mit sich und diesen Beobachtungen
gerungen. Ihm war klar, dass sich über kurz oder lang etwas ändern würde. Er
war aber nicht bereit, dabei passiv zuzuschauen. Doch wo beginnen? Der Leidensdruck
bei den Kollegen schien noch nicht hoch genug zu sein. Der Vorstand schien
nur auf Kosteneinsparungen fixiert zu sein. Eine Diskussion seiner Überlegungen
mit seinen direkten Mitarbeitern schien auch nicht angebracht zu sein. Dafür
war das Unternehmen noch zu stark hierarchisch geprägt und hatte zu wenig Erfahrung
im offenen Umgang
mit Problemen
oder Konflikten. Wie würde er da als Chef dastehen? Wie würden seine Mitarbeiter
seine Vermutungen interpretieren? Würde er die Diskussion noch kontrollieren
können? Ein Rollenkonflikt schien vorprogrammiert. Und würde sich dadurch das
Klima nicht noch weiter verschlechtern?
Holzmann war bewusst, dass er eine neue Strategie für seinen Produktbereich
entwickeln musste. Ihm war auch bewusst, dass er dies nicht alleine machen
konnte sondern
Unterstützung brauchen würde. Und er wusste, dass er einen formalen Prozess
unter Einbeziehung seiner Mitarbeiter benötigte um später für eine reibungslose
Umsetzung der neuen Strategie zu sorgen. Außerdem war der Zeitpunkt günstig:
erst vor 6 Monaten war der Produktionsverantwortliche in den Ruhestand gegangen.
Der Neue war soweit eingearbeitet aber Holzmann hatte noch nicht das Gefühl,
das sein Führungsteam optimal zusammenarbeitet.
Doch Unterstützung von wem? Im Unternehmen selbst
hatte
niemand echte Strategieexpertise.
Holzmann
hatte
zwar
vor
einem Jahr einen pfiffigen ehemaligen Unternehmensberater als Marketingleiter
eingestellt, doch bezweifelte er, dass dieser in einem Strategieprozess
bei den Kollegen die notwendige Akzeptanz finden würde. Außerdem benötigte
Holzmann seinen vollen Einsatz im Strategieprozess und
wollte ihn nicht zusätzlich mit Organisation und Durchführung
belasten. Große Strategieberatungen schieden auch aus: zu teuer und
ein ganzes Beraterteam wäre viel zu aufwändig. Holzmann bezweifelte
auch, dass irgendein Berater seine Branche besser kennen würde als die
eigenen Mitarbeiter - dafür ist die Branche viel zu spezialisiert. Und
dann waren da noch die schlechten Erinnerungen an die Prozessberater, die
zwar inhaltlich sehr gute Ergebnisse
vorgelegt hatten, deren Umsetzung aber auf erheblichen Widerstand gestoßen
war. Ein zweites mal wollte Holzmann nicht am "Not-invented-here"-Syndrom
seines Unternehmens scheitern.
Mitte Januar gab ihm ein Bekannter den Tipp, sich doch an Dirk Völker
Business Advisory Services zu wenden.
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